Sobald wir in den Supermarkt treten oder allgemein mit Konsumgütern konfrontiert sind, werden wir förmlich von Siegeln und Labels erschlagen. Sie tragen Versprechen wie „Fair-Trade“ „Regional“ „Nachhaltig“ und auch „Bio“ oder „kompostierbar“. Aber ist auch wirklich etwas dran, an dem, was drauf steht? Vor allem die letzten beiden Begriffe „bio“ und „kompostierbar“ treten seit kurzem immer häufiger in Bezug auf Plastik auf und stoßen auf hohen Anklang, während das Image von Einweg-Plastik immer schlechter wird. Aber ist das Bio-Plastik oder kompostierbares Plastik so viel besser als herkömmliche Kunststoffprodukte?
DIE BEGRIFFE
Es geht schon los bei den Begrifflichkeiten, denn hier ist alles eine Frage der Formulierung: Bio-Plastik kann nämlich sowohl „biobasiert“ als auch „biologisch abbaubar“ bedeuten. Biobasierter Kunststoff besteht, zumindest teilweise, aus nachwachsenden Rohstoffen. Man sollte meinen, dass der Anteil nachwachsender Rohstoffe bei biobasierten Plastik höher ist. Doch leider besteht zum Beispiel Bio-PET zu etwa 30% aus Zuckerrohr und 70% aus fossilen Rohstoffen.
Selbst wenn wir einmal das Gedankenexperiment wagen, dass wir in der Lage wären Bioplastik zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais oder Zuckerrohr herzustellen, stehen wir vor Herausforderungen wie der Naturraumbeanspruchung, der Eutrophierung (unerwünschte Zunahme eines Gewässers an Nährstoffen und damit verbundenes nutzloses und schädliches Pflanzenwachstum) und Versauerung von Böden und Gewässern sowie dem Verlust von Biodiversität. Denn die genannten Punkte führen meist zu stärkeren Umweltauswirkungen als bei gängiger Kunststoffproduktion.
Nicht viel besser steht es da um die Beschreibung “biologisch abbaubares” oder “kompostierbares” Plastik. Denn sie besagen nur, dass sich der Kunststoff unter bestimmten Bedingungen durch Mikroorganismen oder Pilze abbaut; wie es bei PLA (Polymilchsäure) der Fall ist, der meist aus gentechnisch verändertem Mais hergestellt wird. So besagt die Norm DIN EN 13432, dass der Kunststoff als kompostierbar gilt, wenn er unter definierten Bedingungen (bestimmte Temperatur, Sauerstoffverfügbarkeit und Feuchte) innerhalb von 12 Wochen zu 90% in Teile zerfällt, die kleiner als 2 mm sind.
Herkömmlicher Bioabfall baut sich allerdings in einem deutlich kürzeren Zeitraum ab. Außerdem sind diese definierten Bedingungen weder auf dem Kompost im eigenen Garten noch in industriellen Kompostieranlagen zu finden, d.h. der Biokunststoff liegt nicht lange genug, um tatsächlich zu verrotten und/oder es werden nicht die nötigen Temperaturen zur Verrottung erreicht.
DIE REALITÄT
Da die meisten unserer unsere Kompostierungs- und Vergärungsanlagen Bioplastik in der automatischen Vorsortierung als “normales” Plastik einstufen und direkt aussortieren und thermisch verwerten – im Klartext verbrennen- gehören Biokunststoffe in den Restmüll. Bioplastik zerfällt bei der Kompostierung ohnehin lediglich in CO2 und Wasser und liefert dabei keine wertvollen Bodenbestandteile. Auch in den Vergärungsanlagen zersetzt sich dieser Kunststoff nur schlecht und liefert keinen nennenswerten Vorteile bei der Produktion von Biogas.
BIO-MIKROPLASTIK
Bis hierher dürften wir uns einig sein, dass Bioplastik jeglicher Art nach genauerem Hinschauen eher zu Verwirrungen führt, als dass es eine gute Alternative wäre. Es geht aber leider noch weiter. Denn betrachtet man das „Bio“-Mikroplastik, das auch hier entsteht, fällt auf, dass die Auswirkungen auf die Natur noch kaum erforscht sind. Es wurde jedoch bereits festgestellt, dass Mikroplastik auf Basis von PLA (biobasierter Plastik aus z.B. Mais) bei der Gemeinen Miesmuschel zu einer Stoffwechselstörung führen kann.
Zusammengefasst: In Bioplastik ist gar nicht immer nur bio drin, sondern auch fossile Erdstoffe; nachwachsende Rohstoffe sind nicht immer unbedingt die nachhaltigere Alternative, die Kompostierbarkeit von Bioplastik ist fragwürdig, da nur unter gewissen Bedingungen möglich und es bleibt offen, wie schädlich das entstehende Mikroplastik für uns und unsere Umwelt ist.
UNSER FAZIT
Das Fazit des Zero Waste e.V. zum Thema biobasiertes und kompostierbares Plastik ist also: Bio-Plastik bietet viel Potential, um in der Zukunft Rohöl-basierte Kunststoffe zu ersetzen. Zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nicht. Wir empfehlen also:
- Einwegprodukte sollten durch Mehrwegprodukte ersetzt werden.
Gebraucht, langlebig und Mehrweg sind hier gute Alternativen. Weg von der Gemüsetüte hin zu wiederverwendbaren Gemüsenetzen aus Stoff, Ja zu wiederverwendbarem Besteck/Geschirr und nein zu der Plastikvariante (egal welcher Art), wiederverwendbare Flaschen mit Wasser befüllen, anstatt abgefülltes Wasser aus dem Supermarkt, teilen, wiederverwenden und Oma und Opa fragen, wie die es früher gemacht haben - Biokunststoff sollte, sofern nötig, in der Restmülltonne entsorgt werden und nicht im Kompost. Und erst Recht nicht in der Natur!
- Hersteller*innen und Händler*innen sollten Verpackungen grundsätzlich reduzieren, ggf. wiederverwendbar gestalten und/oder recyclingfähig herstellen
- auch auf politischer Ebene ist viel gefragt: Abfallgesetze, keine Plastikexporte mehr, strengere Auflagen und ein transparenterer Umgang
Hier könnt ihr euch noch konkreter über das Thema belesen:
DUH Infopapier zum Thema Bioplastik
Das Umweltbundestamt über Tüten aus Bioplastik
Artikel über die Auswirkungen von Bioplastik auf die Miesmuschel
Text: Pia Weißenfeld