politische Stellungnahme BSR-Verbrennungsanlage Gradestraße

Gemeinsame Pressemitteilung des Zero Waste e.V. & von BUND Berlin, Berliner Landesarbeitsgemeinschaft (BLN)
Naturschutz und Bundesverband für Umweltberatung bfub e.V.

    • Verbrennung von Altholz und Sperrmüll ist kein Beitrag für Klima- und Ressourcenschutz
    • Anlage für die Entsorgungssicherheit unnötig
    • Nachfrage nach Holz wird angeheizt und verhindert Wiederverwendung und Recycling
    • Luftschadstoffe belasten Gesundheit und Umwelt

Die BSR plant am Standort Gradestraße in Neukölln den Bau einer Verbrennungsanlage und einer Sortierhalle. Der Bau der „Recyclinghalle“ soll 2026 beginnen, der Bau der „Bioenergieanlage“ im Anschluss ab 2030 starten und 2032 beendet sein.

Credits: Pixabay Alfred_Grupstra

Im Zuge der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung für das Bebauungsplanverfahren 8-11 haben der BUND Berlin, die BLN, der bfub e.V. und der Zero Waste e.V. gemeinsam Stellung genommen: Die genannten Organisationen befürworten den Bau der „Recyclinghalle“, lehnen aber die Errichtung der „Bioenergieanlage“ strikt ab.

Mit hohen Investitionen in den Bau beider Anlagen stellt die BSR auf Jahrzehnte die Weichen für oder gegen Klima- und Ressourcenschutz im Umgang mit Berliner Abfällen. Die BSR behauptet, mit der Verbrennung von Altholz und anderem Müll in der „Bioenergieanlage“ „grüne“, „regenerative“ Fernwärme und damit deren „Defossilisierung“ zu unterstützen. Dies ist nachweislich falsch: Die Anlage schadet Klima und Umwelt. Mit der „Recyclinghalle“ werden durch bessere Sortierung von Altholz, Sperrmüll und ggf. Gewerbeabfällen mehr Wertstoffe fürs Recycling gewonnen. Das reduziert Abfallmengen, spart Primärrohstoffe und hilft dem Klima.

Aus folgenden Gründen lehnen die Verbände die Verbrennungsanlage ab:

    • Mit der Verbrennung von Altholz, Sperrmüll und ggf. weiterem Müll gewinnt die BSR keine grüne oder regenerative Wärme. Das Umweltbundesamt belegt: Im Vergleich zu Steinkohle und Erdgas erhöhen sich sogar die Realemissionen von CO2!
    • Das Land Berlin will seine Fernwärme nicht nur defossilisieren, sondern klimaneutral machen.  Bundesumweltministerium, Umweltbundesamt und die Aufnahme der Müllverbrennung in den CO2-Emissionshandel bestätigen: Die Verbrennung von Holz und Müll ist nicht klimaneutral. Eine klimaneutrale Wärmeversorgung für Berlin kann vor allem durch energetische Sanierung, Wärmepumpen und Geothermie erreicht werden.
    • Mit der Verbrennung von Sperrmüll, Gewerbeabfällen, Anteilen aus der Wertstofftonne oder Matratzen kann die Anlage aufgrund des hohen fossilen Kunststoffanteils der Abfälle selbst das Versprechen der Defossilisierung nicht halten.
    • Die  Anlage ist für die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit unnötig. Es existieren in der Region bereits (mehr als) ausreichend Kapazitäten zur Behandlung von Altholz, Sperrmüll sowie den weiteren von der BSR für die Verbrennung möglicherweise angedachten Müllarten.
    • Durch den Aufbau zusätzlicher Verbrennungskapazitäten für (Alt-)Holz erhöht die BSR ohne Not die Nachfrage nach Holz zur Energieerzeugung noch weiter und verschärft damit den Nutzungsdruck auf deutsche Wälder. Private Anlagen in der Region, in denen bisher das Berliner Altholz verbrannt wurde, werden sich, wenn dies nun die BSR tut, anderes (Frisch-)Holz suchen, um ihre Anlagen möglichst wirtschaftlich zu betreiben.
    • Mit der (lukrativen) Verbrennung von Holz, Sperrmüll und anderen Abfällen schafft die BSR Fehlanreize, die Anstrengungen für Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling entgegenwirken. Das widerspricht der abfallrechtlich festgelegten Abfallhierarchie, der Zero Waste-Strategie und den Klimazielen des Landes Berlin.
    • Die Auswahl des Standortes für eine Erweiterung ist nicht nachvollziehbar, es fehlt eine Variantenprüfung zur korrekten Durchführung der Eingriffsregelung. Eine Inanspruchnahme der Erweiterungsfläche widerspricht zudem den Zielen des Landschaftsprogramms des Landes Berlin. Ein adäquater Ausgleich für Eingriffe durch die Bebauung im Plangebiet ist nicht realistisch.
    • Durch die Verbrennung von Altholz und anderen Abfällen entstehen diverse Luftschadstoffe, deren Ausstoß auch bei bester Filtertechnik nicht vollständig vermieden werden kann. Diese Emissionen stellen eine weitere Belastung für Umwelt und Gesundheit der Anwohner*innen dar.
    • Die Verbrennungsanlage und ihre Emissionen gefährden den geplanten Bau von ca. 1.050 Wohnungen auf einer benachbarten Fläche (Gradestraße, westlich Tempelhofer Weg/Britzer Damm, ehem. RIAS-Gelände)

Fazit:
Die Verbrennungsanlage konterkariert die Ziele des Landes Berlin für eine klimaneutrale Wärmeversorgung, ist für die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit von Berliner Abfällen unnötig und erzeugt vor Ort zusätzliche Belastungen für Anwohner*innen und Umwelt durch Luftemissionen, mehr Verkehr und Versiegelung. Sie steht sowohl im Widerspruch zu den Klimazielen, als auch zur Zero Waste-Strategie und dem Landschaftsprogramm des Landes Berlin.

Die Investitionen der BSR für die Verbrennungsanlage sollten stattdessen in eine neue klimaschonende Biogasanlage für die hochwertige und emissionsarme Vergärung von Berliner Bioabfällen umgeleitet werden.
Mit der Recyclinghalle kann ein wertvoller Beitrag zur Steigerung der stofflichen Verwertung von Berliner Sperrmüll, Altholz und ggf. auch Gewerbeabfällen geleistet werden. Ganz im Sinne des Zero Waste-Gedankens können Abfallmengen reduziert, Primärrohstoffe eingespart und damit zugleich aktiver Klimaschutz betrieben werden.

Die ganze Stellungnahme (20 Seiten):

Stellungnahme_B-Plan_8-11_BSR_Gradestrasse_Frueh