Am 18. Februar 2021 waren wir zu Gast beim 99. taz Talk mit dem Thema Müllvermeidung in Pandemiezeiten. Eine Stunde lang sprachen Anna Dittrich und Julia Seiffert über die aktuelle Lage in anbetracht der Corona-Pandemie und beschäftigten sich unter anderem mit den Fragen: Produzieren wir durch die veränderte Lebensrealität mehr Müll und wenn ja, in welchen Bereichen? Manche Lebensbereiche verzeichnen deutliche Einsparungen von CO2-Emissionen, Energie- und Abfallaufkommen. An anderen Stellen verbrauchen die Menschen jedoch mehr. Die Pandemie ist eine Ausnahmesituation, die das Leben der Menschen verändert hat. Was bedeutet das für uns als Gesellschaft – und was für unsere Umwelt und die Klimakrise?
Inwiefern hat sich durch die Pandemie umweltschädliches Verhalten lediglich verschoben?
Durch Homeoffice steigt das Müllaufkommen in Privathaushalten. Geschlossene Läden verleiten vermehrt zu Online-Bestellungen, die mit einem erhöhten Verpackungsaufwand und möglichen Retouren verbunden sind. Oft ist es durch „Click-und Collect“ möglich, die Ware online zu bestellen und persönlich direkt vor Ort abzuholen. Aber auch geschlossene Restaurants und Bars, die derzeit nur Take-Away und To-Go anbieten, sowie die Sorge um die Hygiene befeuern verstärkt die Einweg-Problematik.
Können wir Restaurants, Bars und Cafés unterstützen und gleichzeitig auf die Umwelt achten?
Ja das geht! Die Nutzung von eigenen Behältern sowie Mehrweg- und Pfandsystemen ist auch heute, unter Beachtung der Hygienevorschriften, bedenkenlos möglich. Vom Lebensmittelverband Deutschland veröffentlichte Hygieneleitfäden und Lehrvideos bieten hier für Verbraucher*innen und Unternehmen Orientierung und Verfahrenssicherheit.
Natürlich kann das manchmal etwas umständlich sein, doch das Planen und Überdenken von Konsumentscheidungen vermeidet Müll, der durch spontane Handlungen oft erfolgt. Uns muss bewusst sein – und das eben auch beim solidarischen Handeln während der Pandemie –, wenn Mensch in seinen Gewohnheiten wie bisher handelt, können wir der Ressourcenknappheit, der Erdüberlastung und dem daraus resultierenden Klimawandel nichts entgegnen.
Die bis dato getroffenen politischen Entscheidungen zur Eindämmung der Plastikkrise und beispielsweise zur Durchsetzung eines flächendeckenden, einheitlichen Mehrweg- und Pfandsystems für den Einkauf von Lebensmitteln – was es leider auch mit der neuen Novelle des Verpackungsgesetzes nicht geben wird – ebenso wie das kürzlich verabschiedete lückenhafte Lieferkettengesetz gehen nicht weit genug.
Was heißt eigentlich Zero Waste?
Wörtlich übersetzt heißt Zero Waste „Null Müll“, aber meist sollte es nicht so wörtlich gesehen werden. Wichtig ist, dass alle Menschen ein Bewusstsein für unnötige (Ressourcen-)Verschwendung entwickeln und damit kritische und reflektierte Entscheidungen treffen – möglichst umweltfreundlich. Damit wird auch deutlich, dass es um mehr als „nur“ Müllvermeidung geht. Neben der Ressourcenschonung, die die Zero Waste Philosophie mit ihren 5 R’s Refuse, Reduce, Reuse, Recycle und Rot allen voran stellt, werden auch Fairness, Gleichberechtigung und gleiche Lebenschancen für alle Menschen, Tiere – und die Natur mitbedacht! Auch wenn Zero Waste nicht nur als Bewegung, sondern als Lebensphilosophie gesehen wird, betrifft das Konzept schon lange nicht mehr nur Privatpersonen. Für ganzheitliche und wirkungsvolle Zero Waste Strategien braucht es alle Akteur*innen, die an der Vermeidung und Bewirtschaftung von kommunalen Restabfällen beteiligt sind. Zero Waste ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein in der Verantwortung der Verbraucher*innen liegen darf und sollte. Besser Millionen Menschen und Akteur*innen handeln unperfekt, aber bewusst, als dass einige wenige alles perfekt machen.
Die Aufzeichnung des spannenden Austauschs auf Youtube