Abgebrochene Zeltstangen, eingeknickte Pavillons und verstopfte Bierbongs. Eine Landschaft aus Müll bleibt häufig auf Festivalgeländen zurück. Aber auch viele noch verwertbare Materialien sind zu finden, wie etwa Zeltplanen. Und genau diesen wurde zusammen mit ausgedienten Pavillonstangen auf dem Artlake Festival ein neuer Nutzen verliehen. So entstand ein neues Pavillonkonstrukt, das über Festivalmüll informierte und als Ort für Workshops und Gespräche diente. Dazu entstanden Taschen und Regenponchos aus ebenso ausgedienten Zeltplanen. Diese Wiederverwertung von gefundenen Festivalzelten war der Abschluss des Projektes „Re:Camp“ der Guerilla Architects, welches wir schon im Vorfeld unterstützt haben. Auf dem Artlake Festival haben wir gemeinsam den Abschluss des „Re:Camps“ gefeiert.
Der Raum „Re:camp“ auf dem Artlake wurde von den Guerilla Architects und mit zwei Workshops des Zero Waste e.V. bespielt. So gab es am Samstag einen Workshop zum Thema „Fast Fashion – von der Konsumgesellschaft zu Zero Waste“. Wir sind mit den Teilnehmenden die einzelnen Schritte der Produktionskette durchgegangen, vom Anbau der Baumwolle, über die Herstellung der Rohprodukte, inklusive der Verwendung von Chemikalien, bis zum letztlich Verkauf der Kleidung auf europäischen Märkten. Dadurch ist klar geworden, dass bei diesen aufwendigen Prozessen T-Shirts nur auf Kosten der Arbeiter*innen und der Natur zum Preis von 5 € angeboten werden können. Allein für die Herstellung einer Jeans sind rund 7.000 Liter Wasser nötig. Und nicht nur das: Es können sich mehr als 3.500 zugelassene Chemikalien in unseren Textilien wiederfinden.
Neben den Gefahren für die Umwelt und unsere Gesundheit sind wir auch auf die sozialen Probleme eingegangen. Mit 85% sind überwiegend Frauen in der Textil-Industrie beschäftigt, die unter sehr prekären Bedingungen arbeiten: Missbrauch und sexuelle Belästigung, mangelnde Sicherheit und kaum bestehende Arbeitsrechte sind hier an der Tagesordnung.
Wichtig war uns auch mit den Teilnehmenden konkrete Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Mithilfe der 5Rs (refuse, reduce, reuse, recycle, rot) sind u. a. diese Vorschläge zusammen gekommen:
- Im besten Fall kauft man sich nur Kleidung, die man tatsächlich benötigt.
- Durch den Kauf von Second Hand Kleidung setzt man als Verbraucher*in ein Zeichen.
- Reparieren statt wegschmeißen und den Erfindergeist durch Upcycling ankurbeln.
- Der Verzicht auf den Kauf bei Online-Händlern spart Transportwege und Verpackungsmaterial ein.
- Das Achten auf Siegel für Kleidung kann eine Orientierung sein, man muss sich jedoch mehr mit der Herkunft seiner Kleidung auseinandersetzen.
Am Sonntag haben wir dann einen Workshop zum Thema “Zero Waste – Müllvermeidung im Alltag und auf Festivals” gehalten. Obwohl schon für viele Besucher*innen Abreisetag war, fand sich eine Gruppe Interessierter zusammen, um über Möglichkeiten der Müllvermeidung zu sprechen. Gemeinsam haben wir uns verschiedene Alltagsbereiche angeschaut und Lösungen für verschiedene Produkte und Situationen erarbeitet. Besonders schön war hierbei der Austausch unter den Teilnehmer*innen, die ihre Perspektiven in die Diskussion einbrachten.
Neben unseren Workshops haben die Guerilla Architects Nähkurse und Siebdruck angeboten. An einer mobilen Nähstation konnten Festivalbesucher*innen unter Anleitung der Modedesignerin Stefanie Barz eigene Taschen und Regenponchos aus ebenso ausgedienten Zeltplanen nähen. Außerdem konnte man sich per Siebdruck „Re:Camp“ auf die eigene Kleidung drucken.
Insgesamt hat sich gezeigt, wie viel eigentlich möglich ist und wie groß das Interesse nach Lösungen gegen den Müll ist. Neben dem “Re:Camp” ist auch allgemein aufgefallen, dass die Organisation des Artlake Festivals das Thema Müll angeht: Holzbesteck, sehr wenig Einwegbecher an der Bar, Müllsammler*innen und ein Foodsharingstand spiegeln das zunehmende Interesse an Nachhaltigkeit wieder. Wer noch mehr Tipps für Zero Waste auf Festivals möchte, findet diese hier.
Wir bedanken uns für die intensiven Diskussionen mit den Teilnehmenden der Workshops, die tolle Zusammenarbeit mit den Guerilla Architects und bedanken uns beim Artlake Festival für die Einladung.